Heute ging ich wie immer ein paar Sachen zum Essen besorgen und stellte verwundert fest, dass fast alle Geschäfte auf der Hight Street geschlossen sind. Nur das kleine turkische Lebensmittelgeschäft wo wir immer Brot kaufen, hat noch halb offen. Die metallenen Türen sind zum einen Drittel nach unten gezogen und drinnen tummeln sich die Menschen in den schmalen Gängen.
Einige stehen vor dem Geschäft und unterhalten sich lebhaft. Ich kriege ein paar Gesprächsfetzen mit: „die Stadt unter Kontrolle kriegen“ und „jemand ist in Croydon erschossen worden“. Croydon ist nur ein paar Strassenbahn Stationen von uns entfernt. Wir gehen dort einmal in der Woche meditieren.
Auf dem Rückweg sehe ich wie zwei Polizisten ein paar Jugentliche kontrollieren und ihre Rücksäcke durchsuchen. Die Jugentlichen scheinen nicht sehr glücklich darüber, lassen aber das Prozedere über sich ergehen.
Das alles wirkt irgendwie sehr befremdlich. Wieder zu Hause schaue ich im Internet nach dem Stand der Dinge: Die Geschäfte in ganz London wurden geschlossen, die Polizei arbeitet am Rande ihrer Kräfte, viele Freiwillige patroullieren in der Nacht die Strassen um die Krawallen einzudämpfen und einige verlangen, dass die Armee ausrückt um Ordnung zu schaffen.
Es gibt einen ausgezeichneten Film, der ein englisches teenage Mädchen porträtiert: FISH TANK
Ich erinnere mich zB an ein Gespräch mit einer Bekannten, die mit ca. 10 Jahren nach England aus Sierra Leone eingewandert ist. Sie hat mir erzählt, dass die Hälfte der Mädchen aus ihrer Klasse mit 14 schwanger wurde, dass fast jeder auf der Schule Alkohol in grossen Mengen zu sich nahm und viele auch Drogen. Sie hat gemeint, sie hat es nur deshalb im Leben geschafft, weil sie die Werte, Disziplin und den Hunger auf Wissen und Ausbildung aus Sierra Leone nach England mitnahm.
Sie erzählte auch von ihrer Freundin, die Direktorin einer „Problemschule“ ist und gesagt hat, sie und die anderen Lehrer sehen ihre Aufgabe als erfüllt, wenn sie die Kids durch die Schuljahre durchbringen ohne dass sie sich gegenseitig umgebracht haben.