Chinesen und ihre Regierung

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Foto: ? gefunden im Internet, schön nicht wahr?

Wenn ich Reden halte, fragen mich die Menschen oft:
„Cao Siyuan, wann wird die Zentralregierung unsere Ansichten akzeptieren?“

Ich sage dann:

„Warum fragt ihr mich immer danach, ob die Zentralregierung bereit ist, sie zu akzeptieren oder nicht?“ Was ist denn die Zentralregierung? Sie sind Diener.
Sie sind Diener des Volkes. Man kann nicht Akzeptanz als Maßstab nehmen, um Diener zu beurteilen. Wenn ich zum Beispiel zu Hause ein Dienstmädchen zum Kochen anstelle, dann versuche ich doch nicht, alles zu tun, was das Dienstmädchen will. Das Dienstmädchen sollte mich fragen, was ich essen möchte. Die Beziehung zwischen Bürgern und Staatsdienern sollte nicht auf den Kopf gestellt werden.

Cao Siyuan, wirtschaftlicher Berater der Zentralregierung China.

In welchem Land gibt es die meisten weiblichen Abgeordneten?

Drei mal kannst du raten:

nein, nein, nein.

Es ist Ruanda! 48% aller Abgeordneten sind Frauen! Im September gibt es wieder Wahlen und die Frauen haben eine gute Chance die 50%-Grenze zu überschreiten. Falls ihnen das gelingt, würden sie den Weltrekord halten! Ruanda ist ein Musterbeispiel gelungener Generpolitik.

Nach dem Bürgerkrieg stand das Land vor dem Nichts und musste ganz von vorn beginnen. Präsident Kagame verfolgte eine positive Diskriminierungspolitik und beschloss per Gesetz, dass ein drittel aller Sitze im Parlament von Frauen besetzt werden müssen.

Auf Arte gibt es eine sehr interessante Reportage zu diesem Thema. Es kommt sehr gut zum Ausdruck, dass das ganze Land von dieser Politik profitiert.

Sind Frauen die besseren Politiker?
Bei Frauen ist das konkurrenzdenken normalerweise nicht so stark ausgeprägt wie bei Männern. Sie sind es gewöhnt sich um die ganze Familie zu kümmern und auch in der Politik sind sie sehr daran interessiert, dass alles funktioniert. Zusammenarbeit bring allen mehr als Wettbewerb und Streiterein.

Die Männer verstärken und unterstützen die Frauen in Ruanda in ihrer neuen Rolle.

Die Ökonomie Ruandas wächst gegenwärtig um 6% im Jahr. Ich musste ein bisschen schmunzeln als sie in der Arte Reportage ein junges Mädchen gezeigt haben, das eine Strasse mit Steinen gepflastert hat. Sie sei sehr zufrieden mit ihrer Arbeit sagte sie, die meisten Beschäftigten seinen Frauen, auch Männer kommen manchmal, aber die meisten gehen nach ein paar Tagen wieder, weil ihnen die Arbeit zu schwer ist…

Welches System brauchen wir?

Einmal hielt mich ein junger Franzose auf der Strasse in Paris auf. Er war ein Student. Voller Enthusiasmus setzte er mich in Kenntnis darüber, dass endlich ein politisches bzw. wirtschaftliches System erfunden wurde, dass alle menschlichen Nöte lösen wird. Der Urheber dieses Systems war ein Deutscher – daran kann ich mich noch erinnern – und die Reichen müssten einen bestimmten Prozentsatz ihres Reichtums freiwillig abgeben.

„Das wird nicht funktionieren“ sagte ich zu ihm.
Er hörte aber nicht zu. Wie aus einer Kanone geschossen bombardierte er mich mit seinen Argumenten und anschliessend hielt er mir ein Blatt Papier unter die Nase damit ich etwas unterschreibe.

„Das kann ich nicht unterschreiben – sagte ich wieder – ich glaube nicht daran, dass wir die Welt ändern können indem wir die Systeme ändern. Wir müssen die Menschen ändern, allem voran uns selbst und dann spielt es keine Rolle welches System wir haben.“

Er schaute mich ungläubig an. „Wie meinst du das?“
Ich ging die einzelnen Systeme, die mir gerade einfielen durch:

Monarchie
Wir hatten Monarchien. Sie haben nicht funktioniert, weil die Könige versagt haben. Manche waren zu schwach, andere zu kriegshungrig oder zu gierig, die wenigsten brachten ihrem Volk Frieden und Wohlstand. Die Ära der Monarchien endete in blutigen Revolutionen, denen wiederrum Chaos und Anarchie folgten bis sich ein Robespierre oder ein Mobutu, die ihre grosse Chance gewittert haben, an die Macht katapultierten. Und was sie dem Volk brachten wissen wir alle: eine Schreckensherrschaft.

Kommunismus
Dann gibt es auch den Kommunismus. Meiner Meinung nach die am meisten idealistische und schöne Idee von allen. Aber auch der Kommunismus hat leider in der Praxis nicht ausgearbeitet. Einem Lenin folgte ein Stalin und das ganze wurde zu einer von vorn herein verlorenen Sache. Das System, das die Menschen hätte befreien sollen wurde zu ihren Ketten.

Demokratie
Auch die Demokratie funktioniert nicht richtig. Wenn auch sie sich wahrscheinlich noch am besten durchschlägt. Um zu sehen, dass sie nicht funktioniert muss man sich nur die österreichische Politik anschauen (oder eines anderen beliebigen Landes). Seit Jahren wurde nichts reformiert, alles liegt brach und die Politiker, auf die mache schon alergisch reagieren, streiten sich nur herum, weil jeder wieder gewählt werden will. Wir haben zwar die Freiheit zu wählen aber wen denn? Und auch hier versagt das System an menschlichen Schwächen. Und wo Demokratie gut funktioniert verdankt sie es menschlichen Stärken.

Kapitalismus
Von Kapitalismus rede ich schon gar nicht. Er bringt das Hässlichste an uns zum Vorschein.

Religionen
Sogar die Religionen, die einen sehr schönen, ja erleuchteten Ursprung hatten, haben nicht ausgearbeitet. Sie sind sehr oft zum Gegenteil von dem was ihre Begründer gepredigt haben geworden. Auch sie sind an den Menschen gescheitert.

Was ist also die Lösung? Noch ein neues System?
Vom ganzen Herzen nein! Wir müssen beginnen uns innerlich zu emanzipieren. Unser Ego, unsere Gier, unseren Ärger bezwingen und zum Wohle des Ganzen agieren. Es gibt auch so etwas wie die Freiheit von Innen. Und die gilt es jetzt zu erreichen. Jeder für sich selbst. Dann werden auch die Systeme, die wir schaffen das gute und schöne begünstigen. Nicht nur in unserem eigenen Land, sondern in jedem Land dieser Erde. Ein System ist nur so gut wie die Menschen in ihm.

Als ich fertig war, schaute mich mein französischer Kollege böse an. „Du hast nichts verstanden“ stellte er fest und wollte noch weiter argumentieren…
„Ich glaube ich gehe jetzt besser“ unterbrach ich ihn.
„Du bist eine dumme Ignorantin!!!“ schrie er mir noch nach.